Sehr geehrte Frau Präsidentin!
Meine sehr geehrten Kolleginnen und Kollegen!
Meine sehr geehrten Damen und Herren!
Wir beraten heute kurz vor dem Wochenende das Zeitverwendungserhebungsgesetz. Das ist ein durchaus sperriger Begriff, aber es steckt ein sinnvoller Ansatz dahinter. Es geht um die ganz grundsätzliche Frage, was machen wir mit unserer Zeit. Und wie können wir dem wissenschaftlich näher treten?
Bei der Vorbereitung zu dieser Rede ist mir ein Buch in die Hände gefallen, welches ich vor längerer Zeit einmal gelesen habe. Es ist von Franҫois Lelord und heißt „Hector und die Entdeckung der Zeit“. Es handelt von einem jungen Psychiater, der Hector heißt und mehr und mehr Zeit damit verbringt, über die Zeit nachzudenken.
Über ihren steten Fluss, die Jahre, die verfliegen, und die Frage, warum alle immer zu wenig Zeit haben, obwohl sie ständig in Eile sind. Und obwohl doch jeder eine Menge Zeit spart, weil alles schneller geht als damals, als man noch lange Briefe geschrieben hat.
Er stellt in seinem Buch fest: Zeit zu definieren ist nicht gerade leicht, denn man kann die Zeit weder sehen noch berühren. Ebenso wenig kann aus ihr heraustreten. Es ist also gar nicht so leicht am Ende noch zu wissen, womit man seine Zeit verbracht hat. Und eine ganz andere Frage ist dann noch, wie zufrieden wir eigentlich damit sind.
Wir suchen dann immer wieder nach ökonomische Kerngrößen wie das Bruttoinlandsprodukt, um das Wohlstandsniveau unserer Gesellschaft zu messen. Das greift aber natürlich viel zu kurz. Vielmehr wird die Lebensqualität auch dadurch bestimmt, wie die verfügbare Zeit verbracht wird, unter welchem Zeitdruck die Menschen stehen, welche Freiheiten sie bei der Lebensgestaltung haben und wie sich das Verhältnis von bezahlter Arbeit, unbezahlter Arbeit und Freizeit gestaltet.
Seit den 1990er Jahren hat die Bundesregierung in einem Turnus von etwa zehn Jahren Daten zur Zeitverwendung der in Deutschland lebenden Menschen erheben lassen. Durch diese statistischen Erhebungen konnten wesentliche Erkenntnisse über die Zeitverwendung der Bevölkerung gewonnen werden und damit wurde eine wichtige Datengrundlage für gesellschaftspolitische Maßnahmen geschaffen.
Die statistische Auswertung solcher Daten gibt beispielsweise Aufschluss über die Arbeitsbelastung und Arbeitsteilung in der Familie, Kinderbetreuung und Pflege, das freiwillige Engagement aller Generationen, das Zeitverwendungsverhalten von Kindern und Jugendlichen sowie Männern und Frauen in unterschiedlichen Lebenslagen.
Um künftig eine regelmäßige Erfassung der statistischen Zeitverwendungsdaten sicherzustellen, ist die gesetzliche Anordnung ihrer Erhebung als Bundesstatistik der richtige Weg. In unserem Entschließungsantrag fordern wir zudem, dass nach Möglichkeit alle 5 Jahre eine Erhebung durchzuführt werden soll.
Gerade unsere aktuelle Pandemie zeigt, wie schnell sich die Lebenswirklichkeit der Menschen in unserem Land verändert. Die Frage wird auch sein, wie sich unsere Gesellschaft nach Corona entwickelt. Insofern soll mit dieser gesetzlichen Anordnung von regelmäßig wiederkehrenden Zeitverwendungserhebungen in Deutschland eine valide Datenbasis für eine Vielzahl vor allem gesellschaftspolitischer Entscheidungen geschaffen werden.
Wichtig ist dabei, dass wir den Menschen auch weiterhin nicht vorschreiben wollen, wie sie ihre Zeit verbringen. Das ist völlig klar – es geht darum Trends zu erkennen und daraus die richtigen Schlüsse zu ziehen. Es geht darum Rahmenbedingungen zu schaffen, zum Beispiel für eine bessere Vereinbarkeit von Beruf und Familie.
Ich darf also prognostizieren, dass wir uns über die Ergebnisse dieser Erhebungen mehr politisch streiten werden, als über dieses Gesetz an sich.
Und so möchte ich nur noch auf ein letzter Punkt hinweisen, der uns wichtig ist: die Befragungen müssen zunehmend digitaler werden – zum Beispiel auch per App möglich sein. Wir dürfen nicht immer nur über Digitalisierung sprechen, wir müssen es auch einfach machen.
In diesem Sinnen wünsche ich Ihnen allen eine gute Zeit und später ein schönes Wochenende. Und schenke Ihnen eine Minute Redezeit.
Vielen Dank.