Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Meine Damen und Herren!

Es sind besondere Zeiten fast auf der ganzen Welt, in Deutschland und natürlich auch hier in unserem Parlament. Bei all dem, was uns gerade bewegt – bei der Sorge um die Gesundheit unserer Mitmenschen, aber auch bei der Frage, wie wir den volkswirtschaftlichen Schaden möglichst begrenzen und möglichst viele Arbeits- und auch Ausbildungsplätze sichern können –, gilt es auch weiter, einen kühlen Kopf zu bewahren. Wir erledigen unsere Hausaufgaben und bekämpfen diese Krise mit aller Kraft, aber wir denken auch weiter an eine Zeit nach dieser Pandemie. Deshalb bringen wir heute dieses Gesetzgebungsverfahren zur Änderung des Vierten Sozialgesetzbuches zum Abschluss. Was uns in dieser Krise hilft und uns übrigens auch von vielen anderen Ländern auf der Welt unterscheidet, ist unser Sozialstaat: Krankenversicherung mit Lohnfortzahlung im Krankheitsfall, Arbeitslosenversicherung, Pflegeversicherung, Rentenversicherung, Kurzarbeitergeld, Kündigungsschutz. Mit diesem Gesetz werden wir diesen Sozialstaat noch ein bisschen besser machen. Wir machen viele unserer Verwaltungsprozesse effizienter, digitaler, bürgernäher und auch kostengünstiger. Das sind gute Nachrichten. Es ist wichtig, dass wir das Verfahren zu diesem guten Gesetz heute zum Abschluss bringen.

Klar ist: Es gibt nicht den einen großen roten Knopf – meist ist er ja rot –, den man drücken kann, damit alles besser wird, sondern es ist eine ganz große Vielzahl an einzelnen kleineren Maßnahmen notwendig, die auf das große Ganze wirken werden. Dieses Gesetzgebungsverfahren war echte Fleißarbeit; das möchte ich auch sagen. Vieles konnte nur in Telefonund Videokonferenzen verhandelt werden, aber es war wichtig und richtig, dass wir uns die Zeit dafür genommen haben, und ich danke allen Beteiligten für die durchaus intensiven, aber immer konstruktiven Beratungen.

Es gäbe viele Punkte dieses Gesetzentwurfs, die man heute eigentlich ansprechen müsste, aber ich will mich auf wenige beschränken. Wir machen es möglich, dass die nächsten Sozialversicherungswahlen bei den Krankenkassen im Jahre 2023 digital werden. Neben der Briefwahl wird man auch online abstimmen können. Mitgliedsbescheinigungen der Krankenkassen an Arbeitgeber werden zukünftig elektronisch übermittelt. Für Kleinstarbeitgeber mit bis zu zehn Beschäftigten wird ein Datenspeicher für ihre Entgeltunterlagen durch die Sozialversicherungsträger zur Verfügung gestellt, damit alle Arbeitgeber ihre Entgeltunterlagen zukünftig elektronisch vorhalten können. Das ist also eine echte Serviceleistung für kleinere Arbeitgeber, die zudem den digitalen Datenaustausch ermöglicht. Wir ermöglichen es den Bundesländern, Daten von Schulabgängern ohne Schulabschluss an die Bundesagentur für Arbeit zu übermitteln. Das geht bisher nicht. Die Bundesagentur weiß oft gar nichts von den jungen Menschen ohne Schulabschluss. Sie kann sich zukünftig direkt an diese wenden und helfen, Brücken in die Arbeitswelt zu bauen. Und: Wir schaffen die Sozialversicherungspflicht in der praxisintegrierten Ausbildung im Gesundheits-, Erziehungs- und Sozialbereich.

Auch das ist ein ganz wichtiger Schritt, wenn wir wollen, dass immer mehr junge Menschen sich auch für diese Berufe entscheiden; sie sind dann von Anfang an abgesichert. Als Union haben wir zudem erreicht, dass die sogenannte Bürgermeisterregelung um zwei weitere Jahre verlängert wird. Ehrenamtliche Bürgermeisterinnen und Bürgermeister, Ortsvorsteherinnen und Ortsvorsteher sind unschätzbar wertvoll für die kommunale Selbstverwaltung und Ansprechpartner vor Ort. Das sind Ehrenämter mit großer Verantwortung und vielfach mit einem enormen zeitlichen Aufwand. Gerade in dieser Coronakrise sehen wir, wie wichtig es ist, dass jemand vor Ort koordiniert und zum Beispiel die Verteilung von Einmalmasken organisiert. Deshalb haben wir uns auch dafür starkgemacht, dass ihre Aufwandsentschädigungen dann auch künftig nicht auf die Altersrente angerechnet werden. Wir haben heute schon genügend Schwierigkeiten, überhaupt noch Menschen zu finden, die sich kommunal engagieren wollen; denen sollten wir den Weg nicht zusätzlich erschweren. Im Gegenteil, diejenigen, die sich gerade heute vor Ort engagieren, haben unsere Unterstützung und unsere Anerkennung verdient. Das schaffen wir mit dieser Regelung.

Mit der gleichen Energie werden wir uns jetzt auch dem Sozialschutzpaket II zuwenden. Wir spannen den Schutzschirm für Beschäftigte, für Familien und für Sozialleistungsempfänger weiter auf. Auch darüber debattieren wir heute. Wir haben bereits zu Beginn dieser Pandemie weitreichende Maßnahmen beschlossen, um das Infektionsgeschehen in Deutschland in den Griff zu bekommen, und wir haben das durch weitreichende sozialpolitische Maßnahmen flankiert. Mit der zunehmenden Dauer dieses Ausnahmezustands sehen wir, dass weitere Unterstützung notwendig ist. Deswegen bringen wir heute gleichzeitig das Sozialschutzpaket II auf den Weg. Wir werden unter bestimmten Voraussetzungen das Kurzarbeitergeld erhöhen, und wir ermöglichen es Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern nun in allen Berufen, dass sie während der Kurzarbeit so viel hinzuverdienen dürfen, dass sie auf ihr reguläres Gehalt kommen. Aufgrund der außergewöhnlichen Situation verlängern wir auch die Zahlung von Arbeitslosengeld I um drei Monate. Es gibt weitere Punkte, die es jetzt noch zu verhandeln gilt, wie zum Beispiel eine gute Ausnahmeregelung für ein Kurzarbeitergeld für Azubis. Es gibt also noch viel zu tun. Ich kann Ihnen allen – vor allen Dingen denen, die jetzt von zu Hause aus zuschauen – versichern, dass wir hier mit aller Kraft daran arbeiten, dass wir gemeinsam möglichst gut durch diese Krise kommen.

Vielen Dank.